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RAUM.

Schlagschnur
Tau
Warnband
Raster
Bewegung



Die Interaktion zwischen Linie und Raum ist ein zentrales Thema in meinen Arbeiten. Raum begreife ich als bewegliche Masse die es zeichnerisch zu erfassen gilt. In Interaktionen im Außen- sowie Innenraum werden Fragen zu Zeit und Räumlichkeit gestellt. Wände lösen sich auf. Ein weiterer, unsichtbarer Raum wird durch das Schwingen eines Seils beschrieben. Bewegung wird durch ein Tau, das mit einem lauten Hieb auf Wände geschleudert wird, gezeigt und gleichzeitig entsteht noch eine weitere Dimension: Eine Momentaufnahme der Aktion. Bewegung, Raumauflösung entstehen ebenso mit dem gestreiften Warnband in den Baumumwicklungen oder den rasterartig beklebten Räumen. Sehen wird zu einem Befragen des Materials und der Phantasie. Der Betrachter ist immer als aktiver Sehender gefragt, der in einen Dialog tritt oder selbst interaktiv wird.

[…] Die Künstlerin macht die materiale Substanz des Pigments zum Thema und führt diese mit ihrem Zeichenprozess vor. Im stofflichen Umgang kann das Zeichenmedium eine andere Wahrheit produzieren, es changiert zwischen Lesbarkeit und Materialität, das künstlerische Verfahren wird selbst zum Gegenstand der Werke. Gerade die großformatigen Wandarbeiten, die Amrein mit Seilen und Tauen geschlagen hat, führen vor Augen, dass das Bild auf dem Untergrund, der Wand oder dem Boden, gleichsam ein „Still” („eine Momentaufnahme”) des durch das Schwungseil in Bewegung versetzten reinen Pigmentes ist. Der plötzliche, als Peitschenknall auch akustisch vernehmbare Aufprall, wird in der explosionsartigen Farbverteilung spürbar. Insbesondere bei den dicken Tauen erscheint der Pigmentstaub wie herausgeplatzt. Beim Aufschlag wird die Farbe aus den Seilfasern auf den Untergrund gepresst, die ovalen Knüpfknoten scheinen zu pulsieren, in ihrem Abklatsch sind Kraft und Bewegung gespeichert. […] Dr. Mechthild Haas, Auszug aus dem Katalog „gespannt”

[…] Das Überlisten von Grenzen gelingt der Künstlerin indes nicht nur im Bereich der Zeichnung, sondern auch bezüglich der zum Einsatz gebrachten Medien. Serena Amrein bewegt sich souverän in mehreren Werkgattungen nebeneinander, ohne dabei jemals ihr Grundkonzept der Raumerkundung und Transformation von Bildstrukturen aus den Augen zu verlieren. Objekte, Installationen oder originelle Landschaftsinterventionen zielen darauf, Bildrealitäten und Sehgewohnheiten zu hinterfragen und umzudeuten. Dies geschieht durch das gezielte Offenlegen der inneren Strukturen, um sie anschließend im Gestaltungsprozess inhaltlich neu zu bestimmen. Die Umwandlung präzisiert das Begreifen. Die Themen und Motive ihrer Bildrecherchen entspringen dem Alltäglichen: Beobachtungen in der Landschaft, im (Stadt-)Raum, Architektur, Gebrauchsgegenstände und Fundstücke — die ganze Fülle des privaten und öffentlichen Umfeldes wird zur potenziellen ästhetischen Vorlage und füllt den Ideenspeicher. Serena Amrein besitzt die nötige Achtsamkeit und das „rechte Maß” für die Betrachtung der sie umgebenden Welt und vermag aus dem Überfluss, eine exakte Idee zu formulieren. Dem räumlich Greifbaren der Objekte und Installationen steht das Ideenhafte ihrer Zeichnungen stets zur Seite. […] Dagmar Burisch, Auszug aus dem Katalog „go!”

[…] hängte Amrein ein dickes Tau an den Endpunkten an einer Wand auf, und schleuderte darauf aufgetragenes Pigmentpulver auf die Wand. Tau und der auf der Wand verbliebene Abdruck illustrierten auf eindrückliche Weise die Arbeit mit der Schlagschnur, die hier jedoch eine weitere Dimension anschaulich werden ließ: der temporäre, augenblickhafte Abdruck verband sich auf eine Art und Weise mit dem Tau, das damit über das reine Arbeitsinstrument an Bedeutung gewann, ähnlich wie dies ein signifikantes Foto mit der Existenz eines Menschen vermag. In ihren Arbeiten mit gestreiften Absperrband im Raum werden ebenfalls Fragen von Zeit und Räumlichkeit thematisiert; das Verweilen und die Bewegung des Betrachters sind wichtige Bestandteile der Arbeit. […] Dr. Martin Stather, Immer in Bewegung, Bemerkungen zur künstlerischen Praxis von Serena Amrein, Darmstädter Kalenderblätter Merck 2012